Bozen, 22.11.2021
Presseinformation zur Sonderausstellung
„STONE AGE CONNECTIONS. Mobilität zu Ötzis Zeiten“
Südtiroler Archäologiemuseum, Bozen
23.11.2021 – 7.11.2022
Reisen zu unternehmen, Waren aus aller Welt zu kaufen oder den Wohnort zu wechseln, erscheint uns selbstverständlich. Ohne diese Mobilität könnten wir uns das Leben heute nicht mehr vorstellen. Bis dahin war es ein weiter Weg: Die neue Sonderausstellung im Südtiroler Archäologiemuseum greift das Motto des von der EUREGIO ins Leben gerufene Jahr der Museen 2021 auf und widmet sich der Mobilität in der Kupferzeit – der Zeit von Ötzi, dem Mann aus dem Eis.
Landeshauptmann und Museumslandesrat Arno Kompatscher hebt die alpinen Nord-Süd-Verbindungen und ihren kulturellen Reichtum hervor: „Es ist erstaunlich, was von Ötzi ausgehend zur Mobilität in der Endphase der Jungsteinzeit erzählt werden kann. Der Aktionsradius der Menschen in der damaligen Zeit wurde und wird wohl in der allgemeinen Wahrnehmung eindeutig unterschätzt. Umso interessanter ist es, dieses Thema der Mobilität von Menschen und Dingen, aber auch von Ideen aus dieser Perspektive zu beleuchten – auch weil es noch nie so aktuell war wie heute“.
Mobilität in der Kupferzeit
Am Ende der Jungsteinzeit erscheinen die ersten Gegenstände aus Metall. Durch den neuen Werkstoff „Kupfer“ entsteht durch den Austausch von Rohmaterial und Werkzeugen eine überraschend rege Mobilität in ganz Europa.
In der Archäologie lässt sich Mobilität nur aufgrund materieller Hinterlassenschaften feststellen, also originalen Objekten, die außerhalb ihrer Hauptverbreitungsgebiete gefunden werden und entweder über Gastgeschenke oder Handel dorthin gelangten. Für die Sonderausstellung konnten bedeutende Originale aus ganz Europa dafür gewonnen werden. Über den Handel hinaus wird Mobilität in der Kupferzeit aber auch über Fortbewegungsmittel und durch Migration thematisiert.
Materialien auf Reise
In den letzten Jahrzehnten entwickelte wissenschaftliche Methoden erlauben heute, den Ursprung des verwendeten Rohmaterialies zu bestimmen und damit die Überwindung erstaunlicher Distanzen nachzuweisen: Über die Untersuchung der Rohstoffquelle lassen sich in der ersten Hälfte des 4. Jahrtausend v.Chr. im Umlauf befindliche Kupferobjekte aus dem Balkan nachweisen. Durch das Aufkommen der kupferverarbeitenden Technologie in Süd- und Mittelitalien verlagert sich die Produktion früher Kupferfunde – vermutlich als Gastgeschenke – auch nach Mitteleuropa. Ötzis Beilklinge aus Kupfervorkommen der Toskana ist in diesem Zusammenhang ein international bedeutender Kronzeuge, der im Kontext von Funden aus Südtirol und Europa präsentiert wird.
Ideen auf Reise
Mit dem Transfer von Objekten reisen auch Fertigkeiten und Technologien. Die Verbreitung von Ideen bzw. von Kultur wird anhand der in ganz Europa aufkommenden Glockenbecher thematisiert. Im Zentrum dieses Bereiches steht nicht der Rohstoff Ton, der meist lokal gewonnen wurde, sondern die Weitergabe von Ideen bzw. Gedankengut unter den Kulturgruppen.
Menschen auf Reise
Objekte werden auch durch Migration weitergegeben, die allerdings ausschließlich durch DNA-Untersuchungen nachgewiesen werden kann. Genetische Analysen belegen zwei große Einwanderungswellen nach Europa, die bedeutende kulturelle Veränderungen mit sich brachten wie die Landwirtschaft und die indoeuropäische Sprache. Ötzi lebte zwischen beiden großen Migrationswellen und gilt für die Wissenschaft als verbindendes Glied beider genetischer Stränge.
Schuhe, Einbäume, Rückentragen, Räder: Mobilität in der Kupferzeit bedeutet Fortbewegung zu Wasser, im Talboden bzw. in Siedlungen und am Berg. Wie diese tatsächlich ausgesehen hat, wird in der Ausstellung anhand bedeutender Funde aus Südtirol und dem Alpenraum sichtbar gemacht oder durch Rekonstruktionen veranschaulicht.
Den Bogen zur Mobilität von heute wird den Betrachtenden in der Sonderausstellung auf bisweilen humorvolle und zum Nachdenken anregende Weise nahe gebracht – nicht zuletzt im Design, das an Tunnels der U-Bahn erinnert, dem modernen Fortbewegungsmittel überhaupt.
Die Sonderausstellung ist ab 23.11.2021 bis 7.11.2022 zu besichtigen.
Kurator der Sonderausstellung: Andreas Putzer
Team: Vera Bedin, Margit Tumler, Günther Kaufmann
Gestalter: Formbar Laurin Kofler, Lukas Mayr, Farbfabrik Philipp Putzer
Lifting der Dauerausstellung
Zeitgleich mit den Umbauten zur Sonderausstellung wurden auch einige Bereiche der Dauerausstellung zum Mann aus dem Eis aktualisiert.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse der vergangenen Jahre fanden ebenso Eingang wie Erfahrungen aus der Vermittlung des Museums, bei denen originale Objekte und interaktive Stationen eine wichtige Rolle spielen.
Um das Bild von Ötzi und seinen Zeitgenossen abzurunden, erhält die Umwelt zur Kupferzeit mehr Raum. Forschungsergebnisse zu menschlichen Fertigkeiten in den Bereichen Metall und Silex (Feuerstein) sowie wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Bereichen der Biologie, der Medizin und der Kriminalistik werden anschaulich erfahrbar. An einigen Stationen können Groß und Klein auch selbst in die Rolle von Forschenden schlüpfen.
Der neue Bereich „Gletscherarchäologie“ bietet die Möglichkeit, weltweit bedeutende, in Südtirol in den vergangenen Jahren ausgeaperte Originale besichtigen zu können.
Die Überarbeitung weiterer Bereiche der Dauerausstellung (1. Stock, Mann aus dem Eis) wird im Januar 2022 fortgeführt.
Kuratorin für die Überarbeitung der Dauerausstellung: Katharina Hersel
Team: Paola Claut, Giuliana Plotegher
Gestalter: Doris Prenn/Studio Prenn, Atteneder Grafik
Fotos:
Sonderausstellung „STONE AGE CONNECTIONS. Mobilität zu Ötzis Zeit“ im Südtiroler Archäologiemuseum © Südtiroler Archäologiemuseum / Silbersalz
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